Asbest ist die Bezeichnung für bestimmte natürlich vorkommende faserförmige Silikate, aus denen sich Fasern gewinnen lassen. Das Wort kommt aus dem Altgriechischen. Asbestos heißt „unvergänglich“. Kein Wunder bei den folgenden Eigenschaften: größte Festigkeit, hitze- und säurebeständig, unbrennbar, verrottungsresistent, bindefähig und bestens dämmend. Das daher als „Wunderfaser“ bezeichnete Produkt wird seit 200 Jahren zu verschiedenen Zwecken eingesetzt.
Die erste Anwendung der Faser datiert zurück in die 1820er Jahre. Damals wurde die Kleidung von Feuerwehrleuten aus Asbestfasern hergestellt.
Etwa ab 1900 begann die massenhafte Verwendung von Asbest zur Herstellung von letztendlich rund 3000 unterschiedlichsten Produkten. Neben den bekannten Faserzementplatten für Dächer oder Fassaden, Blumentrögen oder feuerfesten Dämmungen wurden z. B. auch Postsäcke, Knöpfe, Telefongehäuse, Fallschirme, Getränkefilter oder Zahnpasta mit Asbest hergestellt. Die Firma Johnson&Johnson (USA) stellte gar 29 Jahre (bis zu Jahr 2000 !) einen asbesthaltigen Babypuder her. 38 000 Geschädigte, viele von ihnen an Krebs erkrankt, kämpfen bis heute um eine Entschädigung.
In den 1960ern bis 1980ern kam es zu einem regelrechten Asbestboom, der jedoch zumindest in Deutschland 1993 ein jähes Ende nahm. Längst überfällig wurde offiziell, was sich schon über Jahrzehnte gezeigt hatte: Die eingeatmeten Fasern verursachen Krebs. Zu diesem Zeitpunkt wurden bereits über ein Jahrhundert hinweg in Deutschland überwiegend bedenkenlos Millionen Tonnen asbesthaltiges Material verbaut. Und das meiste davon (ca. 80 %) steckt noch heute in asbesthaltigen Platten auf Dächern und Fassaden oder verbirgt sich sonst wo im Gebäude. Besonders betroffen sind Gebäude, die zwischen etwa 1960 bis 1990 erbaut wurden. In ihnen sei mit fast hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit Asbest zu finden, so der Norddeutsche Asbestsanierungsverband.
Extrem gesundheitsgefährdend
Asbest gilt als extrem gesundheitsgefährdend, denn er zerteilt sich in spezielle Fasern, die sehr leicht eingeatmet werden. Die Fasern dringen tief in die Lunge ein, reizen und vernarben diese. Asbestose ist die Bezeichnung der Lungenverhärtung durch diese Vernarbung. Da der Körper die Fasern nicht abbauen kann, entstehen zunächst chronische Entzündungen und schließlich mit einer mittleren Latenz von 30 Jahren Tumore, wobei der Schwankungsbereich 10 bis 60 (!) Jahre beträgt. Da die Fasern auch angrenzende Gewebe erreichen können, sind weitere Organe (Kehlkopf, Brust-, Rippenfell, Eierstöcke) durch Krebs betroffen. Trotz des Verbots sind noch heute, fast 30 Jahre später, in Deutschland weit über die Hälfte aller berufsbedingten Todesfälle auf Asbest zurückzuführen. Ein EU-weites vollständiges Verbot für Asbest wurde übrigens erst 2005 ausgesprochen.
Die Mühlen der Erkenntnis und Aufarbeitung sind langsam. Eine traurige Tatsache, wenn man bedenkt, dass Asbestose bereits um 1900 als Krankheit erkannt und der daraus folgende Lungenkrebs 1936 als Berufskrankheit bekannt war. Die ersten Opfer waren also Arbeiter, die asbesthaltige Materialien hergestellt oder verarbeitet hatten und dafür aufgrund schwerer oder tödlicher Krankheiten um viele Lebensjahre betrogen wurden.
„Fast 40.000 Menschen mussten als offiziell anerkannte Berufskranke durch Asbest bis heute einen frühen Tod sterben. Die Dunkelziffer ist vermutlich doppelt so hoch. In Deutschland starben allein im Jahr 2015 fast 1.600 Menschen, in Europa mehr als 10.000 und weltweit über 150.000 Menschen an Asbesterkrankungen. Man rechnet bei den Erkrankungen, dass die „Spitze des Eisbergs“ erst 2020-2025 erreicht sein wird. Das liegt daran, dass zwischen dem Zeitpunkt der Schädigung und dem Ausbruch der Erkrankung mehrere Jahrzehnte liegen können,“ informiert die Asbestose Selbsthilfegruppe.
Doch der gefährliche Stoff wurde wider besseren Wissens trotzdem als „Wunderfaser“ jahrzehntelang bedenkenlos weiter angepriesen und seine Krebsgefahr von der Industrie geleugnet.
Auch wenn Europas größte Asbestmine in der Balangero, Italien, 1990 stillgelegt wurde, in anderen Regionen der Welt wird heute noch massenhaft Asbest abgebaut: im Jahr 2020 weltweit 1,2 Millionen Tonnen. Der Spitzenproduzent ist Russland, gefolgt von Kasachstan, China und Brasilien. Global gesehen ist die Asbestproblematik weiterhin akut. Asbestfasern sind überall vorhanden. Sogar in der Antarktis finden sich ~20 Fasern pro Kubikmeter Luft.
Haupteinsatzgebiet für Asbest war die Baustoffherstellung
Der propagierte Vorteil der Langlebigkeit bedeutet im Umkehrschluss, dass Asbest auch heute noch in zahlreichen Wohnungen anzutreffen ist. Als problematisch sah man lange nur schwach gebundene Asbestprodukte. Aus diesen Produkten löst sich die Asbestfaser sehr leicht heraus. Dies gilt besonders für Spritzasbest, der als Brandschutz für tragende Elemente verwendet wurde. Aber auch alte Nachtspeicheröfen enthalten schwach gebundenen Asbest. Ein weiterer Klassiker sind Bodenbeläge, die in den 1960ern als Cushion-Vinyl-Beläge einen Siegeszug erlebten. Das Trägermaterial ähnelt optisch Pappe, enthält aber schwach gebundenen Asbest. Ebenso gefährlich sind Asbesttextilien, alte Dichtungen oder Dämmungen.
Doch auch von fest gebundenem Asbest geht eine Gesundheitsgefahr aus. Dazu gehören z. B. Dach- und Fassadenplatten (oft „Eternitplatten“ genannt), Blumenkästen, Putze, Spachtelmassen, Fliesen- und Bitumenkleber oder auch Vinyl-Asbest-Fliesen (Floor-Flex). Bei diesen Produkten ist der Asbest zwar fest ins Material eingebunden. Trotzdem auch hier bitte Vorsicht: werden die Produkte thermischen oder mechanischen Einwirkungen ausgesetzt, bearbeitet oder gehen sie zu Bruch, werden die kritischen Fasern z. T. in großen Mengen freigesetzt.
Wie kann man Asbest erkennen?
Mit bloßem Auge ist dies nicht möglich. Die Asbestfasern sind zu klein. Asbestfasern bestehen aus millionenfach aneinander gelagerten Kristalliten. Haben Sie Verdacht auf asbesthaltige Materialien in oder an Ihrem Haus, so bringt eine Laboranalyse des Materials Klarheit. Auch Staubuntersuchungen oder Kontaktklebeproben können vorgenommen werden.
Typische Asbestquellen im Wohnumfeld sind:
- Asbestzementplatten an Fassaden oder Dächern sowie Wellplatten (bis 1993)
- Fußbodenbeläge (Flor-Flex-Platten und Cushion-Vinyl-Bodenbeläge)
- alte Fliesenkleber, Estriche, Spachtelmassen (betroffen sind ca. 25 % der vor 1995 errichteten Gebäude)
- Blumenkästen oder Fensterbänke
- Spritzasbest als Brandschutzummantelung
- Asbestpappe
- Putze (z. B. in Heizungsnischen, Fensterlaibungen und an Türanschlüssen)
- Nachtspeicheröfen (bis ca. 1972)
- alte Dichtungsschnüre an Öfen
- alte Dämmungen (zwischen 1960 und 1980)
Entfernen von asbesthaltigen Materialien
In Deutschland dürfen nur zertifizierte Firmen / Handwerker asbesthaltige Materialien sanieren oder entsorgen. Dabei gelten strengen Schutzmaßnahmen, die u. a. ein staubdichtes Arbeiten und den Einsatz von besonderen Absauggeräten vorschreiben. Denn es sollen weder die ausführenden Fachpersonen noch die Bewohner einer Gefahr durch Asbestfasern ausgesetzt werden.
Jährlich fallen viele Tonnen asbesthaltiger Müll an. Oft wird Asbest unwissentlich entfernt oder es wird versucht, „kostensparend“ zu entsorgen. Neben den Gesundheitsgefahren, die bei solchen Arbeiten entstehen, gilt es zu bedenken, dass der unsachgemäße Umgang mit Asbest eine Straftat darstellt.
Mehr zum Thema Asbest erfahren Sie in der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales herausgegebenen Leitlinie für die Asbesterkundung zur Vorbereitung von Arbeiten in und an älteren Gebäuden.
Filmtipp: ARTE-Dokumentation Asbest, eine unendliche Geschichte (verfügbar bis zum 02/11/2024)
baubiologische Messtechnik . kompetente Beratung . individuelle Lösungen
Der Abschnitt „Wie kann man Asbest erkennen?“ auf der Website gibt hilfreiche Einblicke in die Identifizierung von Asbest und betont die damit verbundenen gesundheitlichen Risiken. Die präzisen Informationen zu Erkennungsmerkmalen sind äußerst aufschlussreich und unterstreichen die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Asbestsanierung, um die potenzielle Gefahr zu minimieren. Es wird klar, dass eine professionelle Asbestsanierung entscheidend ist, um die Sicherheit und Gesundheit in Gebäuden zu gewährleisten.
Vielen Dank! Wir wohnen in einem 1964 erbauten Haus, das Stäbchen-Parkett in Wohnzimmer und Flurbereich hat, einige Stäbchen sind schon lose. Der Kleber ist nicht sehr dick aufgetragen und graubraun. Eine PAK-Probe (Raumluft) war schon einmal negativ. Wie wahrscheinlich ist es, dass es sich um Asbest-haltigen Kleber handelt? Über eine Antwort würde ich mich freuen. Besten Dank!
In Häusern aus den 1960ern ist es durchaus möglich, dass asbesthaltige Kleber eingesetzt wurden. Eine Raumluftprobe auf PAK lässt keine Rückschlüsse auf das Vorhandensein von Asbest im Parkettkleber zu. Dennoch ist es natürlich erfreulich, dass keine PAKs in gesundheitlich relevanten Mengen nachweisbar waren, welche ja ebenso wie Asbest zu den krebserzeugenden Substanzen gehören. Ob Ihr Kleber Asbest enthält, können Sie nur mit einer entsprechenden Materialanalyse feststellen. Insbesondere wenn Sie den Kleber entfernen wollen, würde ich Ihnen eine solche Analyse unbedingt empfehlen.
Danke, unglaublich informativ! 5 von 5 Sternen!
Vielen Dank für den hervorragenden Artikel. Es ist erschreckend zu lesen, wie vielfältig Asbest eingesetzt wurde und welche Restbestände sich noch in Gebäuden befinden. Ich bin sehr froh, dass mein Haus ein jüngeres Baujahr hat. Aber ganz sicher können wir wohl alle nicht sein, ob wir in einer asbestfreien Umgebung leben und v.a. arbeiten.