Familie B. sucht schon seit längerem ein bezahlbares Eigenheim in der Metropolregion München. Endlich scheint das passende Objekt gefunden zu sein: ein gemütliches Einfamilienhaus mit idealer Raumaufteilung, ein Fertighaus der Firma Okal von 1972. Doch bei der Besichtigung fällt der Familie ein eigenartiger Geruch auf. Recherchen von Frau B. sorgen jetzt für Verunsicherung: ältere Fertighäuser sollen schadstoffbelastet sein.
Herr M. wohnt seit 20 Jahren in einem von den Eltern geerbten Familienheim. Es ist ein älteres Fertighaus, das inzwischen umfassend modernisiert wurde. Seine neue Partnerin stört sich an dem süßlich-muffigen Geruch im Haus, der sich anscheinend auch an Ihrer Kleidung festsetzt. Sie fürchtet eine Gesundheitsgefahr, die von diesem unangenehmen Geruch ausgehen könnte. Herr M. seinerseits nimmt den Geruch nicht wahr.
Dies sind zwei typische Vorfälle, welche Menschen betreffen, die ältere Fertighäuser bewohnen oder an einem Kauf interessiert sind. Was sind die Ursachen der Geruchsprobleme? Mit welchen Schadstoffen kann ein älteres Fertighaus belastet sein? Und ist mit Gesundheitsgefahren zu rechnen?
Raumluftbelastungen in älteren Fertighäusern
In Fertighäusern, die etwa zwischen 1960 und 1990 errichtet wurden, treten oft erhebliche Schadstoffbelastungen auf. Der Grund hierfür sind verschiedene Chemikalien, die Baumaterialien damals zugesetzt wurden. Dabei handelt es sich insbesondere um Formaldehyd aus Wand-, Boden- und Deckenplatten sowie um diverse Holzschutzmittel, mit denen die tragenden Bauteile des Holzständerwerks imprägniert wurden.
Abbauprodukte der damals eingesetzten Chemikalien können zur Freisetzung von unangenehmen Geruchsstoffen oder Atemwegs-Reizstoffen führen.
Manchmal finden sich auch Asbestprodukte an den Fassaden der Häuser oder in den damals üblichen Speicheröfen des Heizsystems. Und weitere Schadstoffe können vorkommen. Alle diese Stoffe haben eine Gemeinsamkeit. Sie sind entweder äußerst langlebig oder werden durch chemische Reaktionen ständig neu gebildet. Somit können sie auch heute noch die Gesundheit der Bewohner schädigen.
Schadstoffe
Gesundheitlich äußert relevant sind die vorkommenden Schadstoffe.
- Das reizende, allergisierende und krebserregende Formaldehyd fand Verwendung als Bindemittel von Spanplatten in Wänden, Böden oder Decken.
- Verschiedene hochgiftige, eindeutig krebserregende, inzwischen verbotene Holzschutzmittel mit insektizider oder fungizider Wirkung wurden zur Behandlung der tragenden Holzbauteile eingesetzt. Die gefährlichsten und bekanntesten sind die Organochlorpestizide Pentachlorphenol (PCP) und Lindan. Mit diesen Mitteln wurden in der Regel sämtliche tragende Bauteile aus Holz behandelt.
- Polychlorierte Biphenyle (PCB) wurden hauptsächlich in den 1960er und 70er Jahren als Weichmacher und Flammschutzmittel in Dichtmassen, Beschichtungen, Klebern oder Anstrichen verwendet. PCB wirken immuntoxisch, sind potentiell krebserregend und stehen unter Verdacht, endokrine Disruptoren zu sein.
Geruchsstoffe
Geruchsstoffe, die in Fertighäusern vorkommen, fallen Außenstehenden in der Regel sofort auf.
- Chloranisole sind ein Abbauprodukt von des im Holzschutz eingesetzten Pentachlorphenol. Der Geruch ist unangenehm muffig-modrig. Da der Geruch erstmals in Fertighäusern auffiel, ist er als „Fertighausgeruch“ bekannt. Von Chloranisolen geht keine Gesundheitsgefahr aus. Der Geruch kann die Bewohner allerdings psychisch sehr belasten, da er sehr penetrant ist und oft als extrem unangenehm wahrgenommen wird. Treten Chloranisole auf, sollten immer die Holzschutzmittel als Ursache im Auge behalten werden.
- Chlornaphtalin wurden als Fungizid eingesetzt. In Fertighäusern finden sich Chlornaphtaline oft in Spanplatten. Die Chemikalie wurde bereits im Fertigungsprozess zugesetzt, um einem Pilzbefall vorzubeugen. Chlornaphtaline fallen geruchlich unangenehm süßlich-ölig-muffig auf.
Reizstoffe
Typische Fertighaus-Reizstoffe werden aus den Holzwerkstoffen freigesetzt. Sie führen zu Geruchsbelästigung und reizen die Atemwege.
- Essigsäure ist ein Holzabbauprodukt, das insbesondere in Fertighäusern älterer (aber auch neuerer) Bauzeit vorkommt. Verantwortlich für die Freisetzung von Essigsäure sind Span- und MDF-Platten. Essig- aber auch Ameisensäure sind Auslöser für Schleimhautreizungen.
- Auch das oben bereits als Schadstoff erwähnte Formaldehyd reizt die Augen und Atemwege und hat zudem das Potential Allergien auszulösen.
Lungengängige Fasern
Lungengängige Fasern haben ein Länge-Durchmesser-Verhältnis von 3:1. Diese Geometrie lässt sie bei Einatmung bis zu den Lungenbläschen vordringen. Sie können Lungenkrebs auslösen.
- Asbestfasern finden sich in zahlreichen Fertighäusern, denn das Produkt hatte vielfältige Einsatzgebiete. Die typischen Eternitplatten an Fassaden sind asbesthaltig, aber auch Verkleidungen, Bodenbeläge und -kleber, sowie Spachtelmassen enthielten Asbest und können somit die krebserregenden Fasern freisetzen.
- Alte Mineralwolle (Glas- oder Steinwolle), die in älteren Fertighäusern verbaut wurde, enthält ebenfalls kritische Faserstäbe. Als nicht krebserzeugend geltende Mineralfasern wurden erst ab Mitte der 1990er Jahre hergestellt.
Schimmelsporen
Sichtbarer oder versteckter Schimmelbefall ist kein spezifisches Problem älterer Fertighäuser. Dennoch sollte auch diese Thematik im Auge behalten werden.
Ältere Fertighäuser und viele Fragen
Im Gegensatz zu Massivhäusern wurden ältere Fertighäuser in Holzständerbauweise errichtet. Die tragende Konstruktion ist hierbei ein Holzskelett. Die Zwischenräume sind mit Dämmmaterial verfüllt und mit Platten verschlossen. Je nach Hersteller waren dies Spanplatten, Mehrschichtplatten oder Gipskartonplatten, welche somit die Wandflächen bilden. Die Geschossdecken sind ebenfalls aus Holz. Als Fassadenplatten kamen vielfach Asbestplatten zum Einsatz.
Durch den Generationenwechsel kommen derzeit viele ältere Fertighäuser auf den Markt. Diese haben durchaus Vorteile: Sie bieten gerade Familien passenden Wohnraum, sind oft in guten bzw. zentralen Lagen gelegen und die Grundstücke sind verhältnismäßig groß. Und der Kaufpreis eines solchen Hauses ist oft 10 – 20 % geringer, als der eines Massivhauses.
Doch in manchen Fällen bergen ältere Fertighäuser unerwartete Schadstoffproblematiken und es kann zu Geruchsbelästigungen kommen. Sind Sie mit einem solchen Objekt konfrontiert, tauchen drängende Fragen auf.
Wie lässt sich feststellen, ob ein älteres Fertighaus schadstoffbelastet ist? Ist aus einem Geruchsproblem auch immer ein Schadstoffproblem abzuleiten? Und lohnt sich eine Sanierung?
Den Schadstoffen auf der Spur
Ob nun in einem Fertighaus eine Schadstoffproblematik vorliegt, lässt sich ohne eine Schadstoffuntersuchung nicht ermitteln.
Ein auffälliger Geruch in einem Fertighaus muss nicht zwangsläufig ein Schadstoffproblem indizieren. Dennoch sollte die Ursache des Geruchs abgeklärt werden. Sind Chloranisole die Ursache, muss immer auch die soziale Komponente in Betracht gezogen werden. Um die Frage nach der Identität und Intensität des Geruchs zu klären – und somit auch die Erfolge einer Sanierung einzuschätzen – ist eine Raumluftanalyse unumgänglich.
Umgekehrt bedeutet ein geruchlich unauffälliges Haus nicht automatisch eine Schadstofffreiheit. Viele Schadstoffe riechen nicht. Dies gilt für Formaldehyd, für diverse Biozide, PCB und natürlich auch für Asbest- oder Mineralfasern.
Kündigen sich Kaufinteressenten an, werden die Häuser oft vor der Besichtigung gründlich gelüftet, manchmal gar mit Raumluftverbesserern ausgestattet. So sollten generell bei allen älteren Fertighäusern erhöhte Mengen an kritischen Stoffen mit einer Analyse ausgeschlossen werden, um bösen Überraschungen wie Gesundheitsbeeinträchtigungen, Geruchsbelästigung, Mangel an Wohnqualität oder der Sekundärkontamination von Möbeln vorzubeugen.
Für Schadstoffe gibt es kein globales Messverfahren. Je nach chemischen oder physikalischen Eigenschaften müssen die Stoffe immer mit spezifischen Verfahren detektiert werden.
Der Fertighaus-Check der Baubiologie Perner Neidhardt
Je nach individueller Situation, Planung und Zielsetzung erhalten Sie ein an Ihre Problemstellung und Ihr Budget angepasstes Untersuchungsprogramm.
Oft genügt bereits der Fertighaus-Basis-Check, um die wichtigsten Fragen zu klären. Hierbei werden die Luftproben von ein bis zwei Räumen auf die wichtigsten, charakteristischen Fertighaus-Problemstoffe wie Formaldehyd, Chloranisole und die typischen Holzschutzmittel untersucht. Eine höhere Anzahl an Proben erhöht die Sicherheit. Bei Verdacht auf weitere Schadstoffe können zusätzlich Staub- oder Faser- oder Materialproben beauftragt werden.
Zur Bewertung dienen die baubiologischen Richtwerte, Geruchsleitwerte oder offizielle Richt- und Grenzwerte.
Haben Sie Verdacht auf eine Belastung durch Fertighaus-Problemstoffe (Formaldehyd, Geruchsstoffe, Reizstoffe, Holzschutzmittel) in Ihren Räumen? Eine baubiologische Untersuchung bringt Klarheit!
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